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Kinderangeln


Kinderangeln

Angeln für Kinder ist Natur- und Heimatkunde

1.

Die Zukunft unserer Gesellschaft liegt in den Händen der kommenden Generationen, liegt in den Händen der Kinder. Die Zukunft unserer Gesellschaft hängt ebenso entscheidend davon ab, wie wir mit der Natur umgehen, wie wir sie nützend schützen. Dies alles ist unstrittig. Daraus folgt: So wie wir heute unseren Kindern die Natur nahebringen, so werden wir morgen leben. Dies sollten wir uns gerade am Ende dieses Jahrhunderts mit Blick auf den bevorstehenden Jahrtausendwechsel vor Augen halten.

2.

Der DAV ist sich dieser Verantwortung vollauf bewußt. Deshalb engagiert er sich in Fortführung der Tradition der Arbeiter-Anglerbewegung in den zwanziger und dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts in Deutschland sowie seiner eigenen Erfahrungen nach Beendigung des 2. Weltkrieges für eine interessante Kinder- und Jugendarbeit in seinen Vereinen. Von unseren 240.000 Mitgliedern sind rd. 32.000 unter 16 Jahren alt. Mit anderen Worten: Die Einbeziehung und aktive Mitgestaltung von Kindern und Jugendlichen vor allem bei der Hege und Pflege der Gewässer und ihrer Uferregionen mit der dort vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt ist seit jeher fester Bestandteil unseres Verbandslebens. Unser Leitspruch, daß Angeln mehr ist als Fische aus dem Wasser zu ziehen, ist ein ganzes Programm für unsere vielfältige Kinder- und Jugendarbeit.

3.

Die nun bereits über viele Jahrzehnte vorliegenden Erfahrungen unter den verschiedensten gesellschaftlichen Bedingungen beweisen eindeutig, daß Kinder mit Erreichen der Schulreife auch fähig und in der Lage sind, sich für die Natur zu begeistern und zu lernen, diese mit ihren Mitteln zu schützen und zu pflegen. Davon ausgehend sind Kinder auch in der Lage, nach der entsprechenden Anleitung durch fachkundige Erwachsene mit allem notwendigen Angelgerät samt Zubehör ordentlich umzugehen, Fische aus dem Wasser zu ziehen, sie tierschutzgerecht zu töten oder aber bei Notwendigkeit diese schonend ins Wasser zurückzusetzen.

4.

Diese Gleichzeitigkeit von Schulreife und Naturreife hat Sinn, man muß sie bewußt fördern, damit unsere Kinder sich allseitig bilden können. Es ist deshalb überhaupt nicht einzusehen, daß Kinder in unserer hoch organisierten Gesellschaft mit dem systematischen Lernen in der Schule beginnen ohne ihnen zugleich die Chancen und Möglichkeiten einzuräumen, die Natur in ihrer ganzen Komplexität erlebend zu begreifen und sich je nach familiären Traditionen und eigenen Intentionen bestimmten Ausschnitten ganz besonders zu widmen. So ist auch das Angeln für Kinder und Jugendliche eine von vielen Möglichkeiten, sich mit der Natur aktiv auseinanderzusetzen und dadurch ihren Wert für sich persönlich zu ermessen.
Je mehr Vereine sich auf unterschiedlichstem Gebiet dieser Aufgabe stellen, je eher sie die Kinder an die Natur heranführen, um so besser. Sie leisten eine Arbeit, die der Staat so niemals leisten kann.

5.

Angeln ist uraltes Gemeingut der Menschheit und deshalb eine in Jahrtausenden gewachsene kulturelle Tradition, die weiter gepflegt werden muß. Wir wissen, daß es für die körperliche und ethische Erziehung der Kinder vorteilhaft ist, wenn sie mit diesem Erbe unter den heutigen Bedingungen vertraut gemacht werden. Das Erfolgserlebnis, der Natur ihre Geheimnisse abzuringen, selbst aktiv Wissen zu erwerben, Wasservögel und Fische zu beobachten, Fische zu angeln und sie auch zu verzehren, schafft dauerhafte emotionale und rationale Bindungen der Kinder an die Natur. Nur dadurch begegnen sie ihr mit Achtung und verhalten sich ihr gegenüber entsprechend rücksichtsvoll. Aus dem engen Kontakt mit der Natur entsteht ein tiefes Verständnis für die Natur.

6.

Bereits in unserem Ehrenkodex aus dem Jahre 1997 haben wir festgestellt, daß die Begegnung der Kinder mit der Natur durch das Angeln und die dafür notwendigen Voraussetzungen ihnen hilft, die Natur für ihre Bedürfnisse zu nutzen und deshalb aber auch zugleich zu schützen. Natur schützen heißt aktiv sein, heißt durch die eigene Tat etwas pflegen und bewahren oder zum Guten zu verändern. Damit ebnen wir Kindern einen attraktiven Weg zu einer ethisch sauberen Lebensweise, zur aktiven und gesunden Freizeitgestaltung, helfen wir ihnen, der Verführung durch Drogen und massenmedialer Unkultur "abseits von der Straße" (Ehrenkodex) selbstbewußt entgegenzutreten und auch die Gesellschaft so wie die Natur als lebende voneinander abhängige Organismen zu begreifen, wo Lebensgestaltung immer mit dem Blick auf die eigenen und die Interessen des anderen funktioniert. Wir helfen ihnen auch, sich aus Überzeugung gegen jene zu wenden, die rücksichtslos mit der Natur umgehen. So lernen sie in unseren Vereinen Toleranz, Solidarität, Kameradschaft, aber auch Auseinandersetzung und entwickeln dadurch stabile familiäre und gesellschaftliche Beziehungen.

7.

Der Deutsche Anglerverband ist in voller Verantwortung gegenüber den Kindern der Meinung, daß es aus all den genannten Gründen nicht nur logisch, sondern vernünftig ist, wenn Kinder mit Beginn der Schule, mit dem ABC und dem Einmaleins auch mit dem Angeln als eine spezifische Disziplin Natur- und Heimatkunde in der Freizeit beginnen können. Die Gefahr der Überforderung sehen wir aus unseren Erfahrungen nicht. Eher im Gegenteil: Schule und aktive Betätigung in der Natur ergänzen einander in idealer Weise. Beides garantiert, daß die Kinder Natur und Heimat intensiver selbst erleben und begreifen, sie lieben, sie aktiv schützen und so für die Zukunft besser gerüstet sind.

8.

Der Deutsche Anglerverband ist bereit, mit allen anderen Naturschutzverbänden sowie mit den zuständigen Bildungseinrichtungen, wissenschaftlichen Institutionen, dem Gesetzgeber und nicht zuletzt den Kindern selbst einen Erfahrungsaustausch zum Thema "Schulreife ist gleich Naturreife" zu beginnen. Eine ernsthafte und sicher auch kontroverse, jedoch sachliche, kulturvolle Diskussion zu diesem Thema ist mehr als überfällig.

Hinweis:

Darüber hinaus hat der DAV eine gesonderte Dokumentation zum Heranführen von Kindern an die Natur und an das Angeln veröffentlicht; sie ist über die Bundesgeschäftsstelle erhältlich.



Mario Wafzig Mühlenweg 15 16307 Gartz/O. Vorsitzender